Abends, gegen sechs Uhr, erreichten wir das klitzekleines Städtchen Les Salles du Verdon am Lac (See) de Saint-Croix. Es leben bestimmt nur ca. 100 Menschen dort, aber trotzdem schafften wir es erst mal 10 Minuten herumzufahren ohne jegliche Orientierung. Ich erinnerte meine Eltern sofort an das russische Sprichwort „в трех соснах заблудился“ *(auf Deutsch etwa: zwischen drei Fichten verlaufen) und brachte sie zum Lachen.
Natürlich kam sofort die Erwiderung: Nee, unser Gehirn ist ja explodiert vom Eis und deshalb können wir nicht mehr denken, geschweige denn, sich orientieren. (Wer nicht weiß, wovon wir hier sprechen, sollte mal diesen Beitrag überfliegen!)
Schließlich entschieden wir uns einfach mal eine Abbiegung zu wählen, wo ein Schild Zimmer zum Übernachten ankündigte. Wir hatten Glück, denn an Ende erwartete uns lächelnd Sophie, die Inhaberin des Hotels. Ich kann schon mal in voraus sagen, dass sie eine reizende Frau ist, die uns viele Tipps gegeben hat und ein sehr nettes Hotel besitzt. Erschöpft von der langen Reise (und mit explodiertem Gehirn) sanken wir in unsere Federn und schliefen sofort ein.
Der nächste Tag war verregnet. Wie die Engländer gerne sagen: It was rainung cats and dogs (es regnete Katzen und Hunde)! Trotzdem wollten wir unseren Plan nicht einfach über Bord werfen. Wir fuhren nach Moustiers Sainte-Marie, eine Stadt am Berghang in der Nähe der Schlucht von Verdon (über die ich später noch eine Menge zu erzählen habe).
Bei Regen sieht wohl die schönste Stadt nur noch traurig und verlassen aus. Bei Moustiers war es nicht anders: keine Menschen oder Autos auf den ersten Blick, über all Wasser, als würde die Erde gerade untergehn oder ein Tsunami das Land überschwemmen.
Geht man in die offenen Geschäfte rein, so trifft man schon noch ihre Verkäufer an, die Lächeln und ihre Hilfe anbieten, aber auch sie wirken nicht sonderlich glücklich. Ein Beweis dafür, dass Wetter die Laune beeinträchtigt braucht man nach so einem Tag nicht mehr. Aber auch den Gegenbeweis, dass gute Gesellschaft jede schlecht Laune wegpusten kann, lieferte mir mein Papa an diesem Tag.
Zu Moustiers gibt es eine ziemlich spannende Legende. Sie hat mir und meinen Papa viel Stoff zum Nachdenken und Diskutieren gegeben. Den halben Tag über zerbrachen wir uns den Kopf, dachten uns alle möglichen Lösungen aus und waren trotzdem nicht ganz überzeugt und schon gar nicht zufrieden.
Die Legende vom Stern - darüber debattierten wir non-stop. So simpel es klingen mag, so undurchschaubar ist die Wahrheit, die übrigens niemand kennt. Die Legeden besagt folgendes (ich musste die Informationen Körnchen für Körnchen zusammentragen und bin trotzdem noch immer nicht zufrieden) :
Im 10 Jahrhundert soll ein Ritter (oder König oder Vasall oder oder oder...) namens Blacas während einem Kreuzzug in Palästina in Gefangenschaft der Sarazenen geraten sein. Er betete zur Jungfrau Maria, wenn er jemals in sein Heimatdorf zurückkehren könnte, würde er zu ihren Füßen einen Stern aufhängen.
Damals schon befand sich hoch auf dem Berg, zu dessen Füßen Moustiers liegt, die Chapelle Notre Dame de Beauvoir (aus dem 8. Jahrhundert). Genau vor ihr, zwischen zwei Bergspitzen hängt heute der Stern von Moustiers.
Er hängt so hoch, dass man ihn mit bloßem Auge nur erahnen kann, wenn man weiß, wo er hängt. Über die Jahre (es sind ganze 10 Jahrhunderte vergangen) ist die Kette, welche ebenfalls mal Silber gewesen sein wollte, gerissen. Der Stern wurde ca. 2 mal in 100 Jahren neu gehangen.
Ursprünglich soll der Stern 16 Ecken besessen haben - das Emblem Blacas Familie. Der heutige Stern ist leider nicht das Original aus dem 10 Jahrhundert. Es besitzt 6 Ecken und hängt an einer 400 kg schweren Kette.
Blacas Geschichte ist bei Weitem nicht die einzige Version. Eine andere, sehr schöne, ist diese: Zwei Liebende sollen aus verfeindeten Familien Selbstmord begannen haben und die Familien auf diese Weise versöhnt haben. Als ewiges Andenken hingen die Familien den Stern auf.
Kurz gesagt - Romeo und Julia in Dörflein Moustiers Sainte-Marie! Eine sehr romantische Vorstellung, findet ihr nicht?
Ich und mein Papa diskutierten den ganzen Tag aber nicht über den Wahrheitsgehalt der Legende. Wie soll man denn die Wahrheit finden, wenn sie 10 Jahrhunderte zurückliegt und es damals nicht mal Archive gab? Aussichtslos.
Wir debattierten über etwas viel greifbareres: Wie wurde der Stern zwischen zwei Bergspitzen aufgehängt - im 10 Jahrhundert?! DAS wollten wir herausfinden. Das Seil müsste unendlich lang sein um es aufzuhängen!
Mein Papa schlug vor, das Seil an einer Spitze zu befestigen, den Stern an dessen freiem Ende zu knoten. Dann ein anderes Seil an das eine zu machen, den anderen Berg hochzuklettern, dass Seil stramm ziehen und das zweite wegzumachen.
Ein interessanter Vorschlag (übrigens der Beste, den wir hatten), aber ich bin einfach nicht überzeugt! Aber vielleicht sind unter euch ja welche, die dem Geheimnis auf die Spur kommen können? Verratet mir:
Was würdet ihr vorschlagen? Wie würdet ihr alleine den Stern aufhängen?
Küsse,
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Janna