Reise: Eiscreme, welches einem das "Gehirn explodieren" lässt!

Nach so vielen Tagen in kleinen Städtchen, zwischen Menschen und Leben, wollten wir auch mal etwas anderes in der Provence sehen. Genau richtig kam da der geplante Ausflug in Richtung Verdon. In Apt, früh am Morgen, machten wir uns gut gelaunt und voller Tatendrang auf den Weg. Koffer, Essen und Trinken, Bücher und uns selbst ins Auto gepackt, kurz (oder lang) einen Blick auf die Karte geworfen und erst einmal losgefahren. 

Es versprach eine lange Reise zu werden und wir machten es uns bequem: Mama hinter dem Steuerrad, Papa auf dem Beifahrersitzt mit Karte auf dem Schoß und ich hatte hinten alles für mich alleine. Mit Computer saß ich da, tippte und schaute hin und wieder aus dem Fenster. Aber viel gab es an diesem Tag leider nicht zu sehen, denn es regnete in Strömen. 
Zu schade, sagte mein Papa, dass das Wetter nicht mitspeilen will, ansonsten hätten wir einen sehr schönen Ausbklick gehabt. Aber was war daran schon zu ändern? Nichts, natürlich rein garnichts.



Der absolut empfehlenswerte Reiseführer Lonely Planet hat in seiner Ausgabe zu Frankreich einen netten kleinen Artikel zu folgendem Thema: L'Art Glacier. Auf unserem Weg lag der beste Eisproduzent, von dessen Eissorten nach Lonely Planet das Gehirn explodieren würden. Als wir das lasen stand für uns sofort fest: Da mussten wir umbedingt hin, auch wenn es einen Umweg bedeuten würde (bedeutete es nicht)! Wer kann schon von der Versuchung widerstehen, Eis zu probieren von dem das Gehirn explodieren soll? Ich auf jeden Fall nicht. 


Je näher wir kamen, desto angestrengter studierte Papa die Karte, um ja nicht die gut versteckte und kleine Abfahrt in Richtung des Cafés zu verpassen. Ich hielt nach möglichen Schilder auschau und wurde auch fundig. Drei oder vier mal konnte man folgendes sehen und die Abfahrt nicht verpassen: 


Ungefähr halb zwei hielten wir vor einem zweistöckigen Häuschen im stil provencale und stiegen aus. Von oben tröpfelte einer dieser hässlichen Nieselregen, bei denen man nicht die Tropfen auf dem Schirm hört, aber das Wasser im Gesicht spürt, wenn man keinen Regenschirm hat. Wir umrundeten das Haus und probierten die Tür. Verschlossen. Neben der Tür hing ein Schild mit den Öffnungszeiten. Von 12 bis 14 Uhr war geschlossen – Mittagspause

Na super, dachte ich. Wozu hatten wir uns an diesem kalten und verregneten Tag die Mühe gemacht, dieses von Wald versteckte Häuschen zu suchen, um dann vor geschlossenen Türen zu stehen? Aber ich war viel zu neugierig auf die Formulierung „lässt das Gehirn explodieren“, als dass ich den Vorschlag meiner Eltern, einfach weiterzufahren, beherzigen konnte. 

Wenn wir schon hier sind, dann lasst uns noch die 25 Minuten warten, argumentierte ich. Wir haben auch die Gelegenheit ein kleines Picknick zu machen! (Am Morgen hatten wir in Apt schön eingekauft: frischgebackenes Brot, saftige Tomaten, süßes Radieschen und zum Sterben gute Oliven) 



Picknick unterm Regen?, fragte meiner Mama skeptisch. Das wir wohl ein Heidenspaß werden! Sie hatte ihre Augenbrauen zusammengezogen und schüttelte den Kopf. 

Ach, Quatsch! Wir machen’s uns natürlich im Auto bequem, wo sonst? Im Nieselregen will ich auch nicht essen, antwortete ich. Genau das taten wir dann auch. Es war ein herrliches Picknick! Das Baguette war knusprig, die Tomaten spritzten und die Radieschen schmeckten köstlich, ganz zu schweigen von den Oliven, welche einen verrückt machen konnten. Es war ein ziemlich lustiges Essen, denn wir diskutierten über eben diese Formulierung „lässt das Gehirn explodieren“. 

Ich glaube, die Formulierung ist übertrieben, behauptete Mama. Was soll denn im Eis schon drin sein? Außerdem machen eindeutig die Italiener das beste Eis

Pass auf, was du sagst, scherzte Papa. In ein paar Minuten wirst du uns nicht wiedererkennen, wenn unser Gehirn explodiert ist

Ich glaube, eher wird das Gehirn des Verkäufers explodieren, sagte ich lachend, wenn er sieht, dass wir an diesem verregneten Tag extra hierhergekommen sind und dann noch eine halbe Stunde im Auto gewartet haben auf ihn. An dieser Stelle brachen wir alle in Gelächter aus. Das Gespräch ging weiter und wir konnten uns nicht mehr einfinden.



Kurz vor zwei parkte ein Auto vor der Eisdiele und eine Frau stieg aus. Sie öffnete einer Hintertür und betrat die Eisdiele. Ein kurzer Austausch an Blicken genügte und auch wir verließen die Wärme des Autos und gingen auf das Gebäude zu. Die Verkäuferin sperrte die Besuchertür auf und begrüßte uns. Wir fragten, ob sie englisch sprach und sie verneinte. 
Na gut, daran war wohl nicht viel zu ändern. Während wir noch die vielen Sorten betrachteten, erschienen wahrscheinlich ihr Sohn und die Tochter (anhand der Begrüßung und ihrem Äußeren erkennbar). Nur der Sohn sprach ein klein wenig englisch, aber verstand sogar Begriffe, wie einpacken, nicht mehr.


Wir hatten gehofft eine größere Portion mitzunehmen und wollten deshalb fragen, wie lange das Eis ohne Kühlschrank halten würde. Nach langen Erklärungen mit Händen, Mimik und allem möglichen gelang es uns endlich den Inhalt unserer Frage an die Verkäufer zu übermitteln. Die Antwort war kurz und eindeutig: zwei Stunden. 

How unfortunate, sprachen wir. We’re going to stay on the road much longer. (Ich glaube, nicht einmal das haben sie verstanden.) Letztendlich, nach bestimmt einer Stunde, verließen wir die Eisdiele mit vier Kugeln Eis: Nougat, Kakao, Lavendel und einer Sorte, dessen Name ich nicht mehr mitbekommen habe
Das namenlose Eis mochte ich am meisten, Nougat war auch ziemlich lecker, auch Kakao mochte ich, aber Lavendel war nichts für mich. Ich hatte augenblicklich das Gefühl Seife im Mund zu haben und mein Gehirn schrie: Gift! Gift! Gift! Sofort ausspucken! Aber ein Mund schluckte und ich bereute es nach etwa einer halben Stunde, denn mir wurde leicht übel und ich hatte ständig ganz ekligen Lavendelgeschmack im Mund. Ich würde euch raten, das Lavendeleis höchstens aus Neugier zu probieren, aber besser wegzuschmeißen als alles zu essen. 




Die Eisdiele selber ist mir viel Liebe gemacht, wie ich finde. Es gibt auch einen Saal mit Tischen und Stühlen. Im Menü kann man verschiedene Kombinationen bestellen oder fertige Vorschläge probieren.

Das Assortiment der Diele erstreckte sich natürlich weit mehr als auf vier Sorten. Im Sommer, konnte der junge Mann gerade noch erklären, hätten sie an die 400 verschiedene Sorten. Das muss man sich erst mal vorstellen.
Besonders eigenartig waren neben Lavendel noch Olive, Kaugummi, Karotte und so was Ähnliches. Vielleicht schrieb Lonely Planet aus diesem Grund, es würde „das Gehirn explodieren“. Wer kennt schon Oliveneis? Aber wenigstens kann man Oliven essen, ganz zu schweigen von Lavendel. Das kennt man nur von Cremes und Seife. 


Wärt ihr mutig genug ein solches „Gehirn explodierendes“ Eis zu probieren?



Küsse,
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Janna